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Katja Beck / Deborah Uhde

 

DAS ALL umfassende Nichts

Ausstellungseröffnung am 24.04.2014 um 20 Uhr

Werkgespräch mit Sebastian Stumpf (Leipzig) um 18 Uhr

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Text von Deborah Uhde

DAS ALL umfassende nichts ist eine Gemeinschaftsproduktion von Katja Beck und Deborah Uhde. Zusammen haben wir das Konzept und die Ausstellungsstücke erarbeitet, die Frage nach der Autorschaft verwischt.
Der Raum öffnet sich als Rätsel. Verschiedene Verbindungen zwischen den Einzelstücken entstehen, je nachdem, welchen Einstieg der Besucher für sich wahrnimmt.
Eine dreieinhalb Meter hohe neunkantige  Säule steht mitten im Raum. Oben auf dreht sich langsam eine Scheibe. Was darauf präsentiert ist, sieht man erst, wenn man näher kommt und aufblickt in einen runden Spiegel. Feine Speisen türmen sich filigran zu einem Berg auf. Der Schattenwurf der Säule ist eine weitere Projektion der Skulptur im Raum.
Die Form kann zum Beispiel an ein Schirmchen erinnern. Ein Cocktailschirmchen. Eine Spieluhr-Tänzerin. Ein Karussel. Oder das Pollenschirmchen einer Pusteblume. Solche sind Bestandteil einer weiteren Arbeit der Ausstellung:
eine weiße Wand ist übersät mit den Flugsamen der Pflanze. Hauchzart haften die Pollen an einer rauen Wand und erstrecken sich wie eine Landschaft oder auch eine Karte über die Fläche. Sie wurden mit Puste auf die Wand aufgetragen und sind dort gelandet, wohin sie geweht wurden.
Neben der Wand hängt eine Videoarbeit von Katja Beck: Prana. Zwei Bäuche stehen sich gegenüber und atmen. Nehmen den Raum ein, füllen sich und flachen wieder ab. Eine anziehende Dynamik der sich gegenüberstehenden Bildelemente entwickelt sich, bei der auch der schwarze Zwischenraum, das Nichts, das nicht Nichts ist, eine starke Präsenz entfaltet.

Plötzlich klingelt ein Telefon. Der Blick schweift herüber zu einer Telefonzelle, wie die Säule ganz in Gold. Anruf aus dem Universum? Die Stimme im Hörer erzählt etwas von einer langsamen Drehbewegung eines Planeten und einer Scheibe, auf der eine Landschaft aufgetürmt ist.
Die Drehscheibe auf der Säule schleicht sich zurück ins Gedächtnis und mit den Schilderungen der Erzählstimme steht sie wieder in einem anderen Licht da.
Und sie dreht sich weiter.Gedreht, besser gesagt gerührt wird außerdem von Zeit zu Zeit in einem großen Topf, der in der Ecke von einer Gasflasche befeuert wird. Er steht über dem abgeklemmten Waschbecken in der Ecke des Raumes, akzentuiert von einem LED-Wechselfarbenspot.
Aufgestapelt daneben: Suppenschälchen und Löffel. Doch die Suppe sieht merkwürdig aus im Wechselfeuer der Farben. Es riecht süßlich und fruchtig. Kann man dem Angebot trauen? Der Geruch durchströmt den ganzen Raum und hätte ebenso als erstes die Aufmerksamkeit auf sich ziehen können.
Die abstrakten Objekte spannen ihre Fäden für die offene Erzählung im Raum um den Betrachter.

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Antoinette Adams / Kayla Kee / Julia Werhahn und Luisa Puschendorf

Ausstellungseröffnung 6.2.2014
um 20 Uhr

Text von Araceli Mangione

(Open to misinterpreta.on)
Entering an art gallery or museum, it is immediately understood that the space inside occupies something significant, signaled by the presence of a security guard, whose job is to protect these works. This automa.cally raises one’s awareness of the value behind the art on display, leaving a sort of formal or ins.tu.onal impression on the visitor. The job itself can be painstakingly tedious and may require more s.mula.on then simply performing the duty of safekeeping art, designated by “suit, badge, and chair.”
Julia Werhahn (b. 1988 in Hanover, Germany) and Luisa Puschendorf (b. 1989 in Kassel, Germany) have worked as an ar.st duo since 2011. In their work, “The Guard,” they playfully unmask the anonymity of a security guard’s role within the art world by supplying chosen equipment visibly placed within the exhibi.on room. It is up to the guard to decide to use or not to use these utensils, just as he or she may decide whether to fulfilL or not fulfilL a warden’s job. What could he/she be doing during the absence of the visitor? Werhahn and Puschendorf’s installa.on doesn’t just bring aWen.on to the actual presence of the guard inside an exhibi.on, but seeks out further informa.on, such as the behavIour, expecta.ons, and du.es of a warden, and rela.onship between space, guard and visitors.
Open to misinterpreta/on consists of works by both German and American ar.sts, and can be read individually or in collabora.on with one another. The works of Kayla Kee (b. 1990 in San Diego, USA) and AntoineWe Adams (b. in Orange County, USA) yield a similar visual atmosphere but are, however, very different from one another. Unlike Werhahn and Puschendorf’s installa.on, which conceptually reflects on the inner-workings of the art ins.tu.on, Kee and Adams reassure the presence of a tradi.onal exhibi.on by selec.ng a classical layout for the presenta.on of their work. Kee’s snapshots are framed and aligned horizontally at a level that is assumed to correspond with the eye. Furthermore, both Kee’s analogue photography and Adams’s eloquent floa.ng feathers have been constructed under much aWen.on to detail and awareness of material, process and layout. The bareness of black and white allows the viewer to recognize the finer detailed found in Kee’s photography and Adams‘ feathers.

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Benjamin Seidel / Manuel Klotz / Felix Koberstein

 

Ausstellungseröffnung: 30.1.2014
18 Uhr Werkgespräch mit E. S. Mayorga
(Mexiko, Stipendiat Braunschweig-Projects 2013/14)

Gästebuchrezensionen [Felix Koberstein]

//user28374 schreibt:
Ich bin ja mal nicht so einer, der sich einfach so nimmt was er braucht, rumgiert. Mach ich nicht. Ich weiß ja nicht was ihr hier bezwecken wollt, aber das sieht mir danach aus als ob ihr einfach ein bißchen zu viel Geld habt, wa?! I don’t get it. Beste, Engebroek
//user34167 schreibt:
Was mir zu der Arbeit sofort einfällt: ein dicker Geldsack der sich ne Runde Privatfernsehen gönnt! Swag!
//user37449 schreibt:
Beim ersten Betreten der Ausstellung, schwaches, doch penetrantes Licht flimmert durch den Raum, wie in einem schlechten Horrorfilm, ein Berg aus 1 Cent Münzen, darüber der Schriftzug „Gönn dir!“. Mehr nicht. Punkt. Reicht aus. Ich hätte mir mal was mitnehmen sollen. Trotzdem groß! Gruß, Johanna
//user12850 schreibt:
Der Haufen kann ruhig noch größer! #epic #radicalimpact
//user09942 schreibt:
Für mich eine glasklare Konsumkritik, obwohl ich mich frage, ob das die richtige Herangehensweise ist? Das Geld landet doch eh nur in den Taschen versnobbter Kunststudenten!
//user22367 schreibt:
Ich war auch hier. Gutes Ding. Arne
//user75754 schreibt:
Wenn man sich mal überlegt was das allein für ein Aufwand ist, das ganze Geld ranzuschaffen!
//user01119 schreibt:
Wann gönn ich mir denn endlich mal wieder was? Spannender Denkanstoß.

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Mijin Hyun / Fritjof Mangerich

Makin` it real!

Ausstellungseröffnung Donnerstag, 16.1.2014
18 Uhr Filmstudio: Werkgespräch mit Adrian Alecu
(Rumänien, Stipendiat Braunschweig-Projects 2013/14)

Text von Jaqueline Krone

Es ist still. Die drückende Hitze hüllt mich ein. Ein kleines Fahrradlämpchen begrüßt mich mit seiner übermütigen Leuchtkraft. Darunter ein gerahmter Traum. Er verspricht verheißungsvolle Sehnsüchte, nur um vom daneben platzierten Warnhinweis wieder desillusioniert zu werden. Ein leises Zirpen. Von dort hinten muss es kommen. Nun ein Zirpen aus der gegenüberliegenden Ecke. Und wieder, und wieder. Hier und Dort. Als wollten die Heuschrecken mir etwas mitteilen. Geheime Botschaften aus einer fiktiven Welt.

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Christin von Behrbalk / Anna Sasse

Du hast von meiner Zeit gekostet.
 
Ausstellungseröffnung 5.12.2013
18 Uhr Filmstudio: Werkgespräch mit Freya Hattenberger (Köln)

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Text von Mona Hesse

Gleich zu Beginn der Ausstellung blickt der Besucher in die Gesichter von Fuchs und Gans aus dem allseits bekannten Kinderlied „Fuchs du hast die Gans gestohlen“. Wie entscheidet er sich? Sieht er sich eher als Fuchs, der schlau und überlegen mit direktem Blick den Betrachter anschaut oder identifiziert er sich mehr mit der Gans, die mit geschlossenen blauen Augen, naiv und unschuldig daherkommt. Diese Fotoarbeit Fuchs & Gans (2013) von Anna Sasse bestimmt den Eingang der Ausstellung und macht das Thema des Märchens zu Beginn deutlich.
Geht man weiter erblickt man das Objekt  · – · ·  ··  – – – –  –  ·  · – ·, das bereits 2013 in der Ausstellung “City of Dreams” im großen Schwimmbecken in Wolfsburg zu sehen war. Hier ist es an der Wand installiert und nimmt mit seinen 4,5 x 2 Metern einen großen Teil davon ein. Die mit Seide bezogenen Styroporplatten, auf denen farbige Fäden mit Stecknadeln befestigt sind, erinnern formal an die Architektur von Wohnblöcken wie sie auch in Wolfsburg zu finden sind. Die wellige faserige Struktur der Seide ruft den langsam abbröckelnden Putz der in die Jahre gekommenen Wohnhäuser ins Gedächtnis.
In der darauf folgenden Fotoarbeit (2013) von Christin von Behrbalk werden ebenso genähte Fäden verwendet. Die vier Schwarz-Weiß-Fotografien aus den 30er und 40er Jahren zeigen Frauenportraits. Ihre Gesichter sind jedoch mit Nähten versehen, wodurch sie unkenntlich gemacht sind. Durch den Eingriff der Künstlerin werden die Fotografien zwar wieder zum Leben erweckt, verlieren allerdings gleichzeitig ihre Fähigkeit Identität wiederzugeben. Wer auf den Fotografien abgebildet gewesen ist, bleibt für immer in der Vergangenheit verborgen.
In den folgenden beiden Bleistift-Zeichnungen (2011) setzt sich Behrbalk ebenso mit Vergangenheit und Identität auseinander. Als Vorlage dienten Fotografien, die mit ihrer Biografie verknüpft sind und so einen persönlichen Bezug haben. Die Gegenüberstellung von Soldaten, die ohne Gesicht und Hände gezeichnet sind und dadurch wie eine große, anonyme Gruppe wirken, und Kindern, die unruhig sichtlich aufgewühlt für ein Gruppenfoto posieren, macht deutlich, dass es die Mimik ist, die Aufschluss über das Innere einer Person gibt.
Das Zeigen und insbesondere das Verbergen der Mimik ist ebenso ein wichtiger Bestandteil der darauffolgenden Fotoserie von Behrbalk, die drei Selbstporträts der Künstlerin umfasst.
Vom Betrachter weggedreht, verschleiert mit einem Drahtgeflecht oder die Augen verdeckt von Tüll, wird das Gesicht der Künstlerin nicht direkt gezeigt, was im Gegensatz zur klassischen Porträtfotografie steht.
Das siebzehnminütige Video Ein Gehen (2013) von Anna Sasse befasst sich mit dem kindlichen Wunsch, sich der Doktrin in der Nacht schlafen zu müssen zu widersetzen. Die Protagonistin liegt zunächst in ihrem durch ein Moskitonetz geschütztes Bett im Freien, verlässt es jedoch schließlich und wandelt in ihren zu großen Highheels auf und ab. Sie bricht den wackeligen Balancierversuch ab, zieht die Schuhe aus und nimmt diese mit zu sich ins Bett.
Die ständige Abfolge von Umherwandeln und sich hinlegen zeigt die Rastlosigkeit und den unermüdlichen Versuch der Protagonistin sich dem Schlaf zu entziehen. Dabei warnt sie ihre innere Stimme eindringlich: „Du stirbst, wenn du nicht schläfst“. Am Ende baut sie ihren Schlafplatz ab und verlässt die Szenerie noch vor Anbruch des Tages.

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Zu Gast: Klasse Korpys / Löffler

Ausstellungseröffnung 21.11.2013  
Hochschule für Künste, Bremen
18 Uhr Filmstudio: Filmprogramm
19 Uhr: Ausstellungseröffnung
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Lucie Mercadal / cylixe

Spazierfang

Ausstellungseröffnung 01.11.2013

Werkgespräch mit Meike Mia Höhne

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Flyer

Texte von Lisa Grolig

Der Ausstellungstitel spiegelt jenen spielerischen, fast schon unbekümmerten Umgang mit den Banalitäten des Alltäglichen, die gleichzeitig Auslöser und Beginn einer jeden Arbeit beider Künstlerinnen sind. Lucie Mercadal und cylixe sind leidenschaftliche Jägerinnen des Zufalls und des Absurden.
Sie begeben sich nicht bewusst auf eine Suche, sondern halten Ausschau, liegen auf der Lauer, sind in einem permanenten Schwebezustand zwischen Aktivität und Passivität. Die Bewegung im öffentlichen Raum bringt immer einen temporären und merkwürdigen Bezug zur Realität mit sich, um den es in ihren Arbeiten geht, sagt Lucie. Und schließlich ist die Öffentlichkeit jener Ort, an dem man dem Zufall so begegnen kann wie einem alten Freund. Und tatsächlich war der Zufall bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts fester Bestandteil der dadaistischen Auffassung von Kunst, wurde zum Gesetz aller Gesetze erhoben und zum Kompass des eigenen Schaffens. Nur wer den Zufall befolgt erschafft reines Leben, sagte Hans Arp.
Lucie und cylixe entscheiden sich immer wieder aufs Neue für den bewussten Ausbruch aus der Rationalität. Mit allen Konsequenzen. Die ertragen sie gerne. Nur selten sieht cylixe ein fertiges Konzept oder Werk. Während sie auf der Lauer liegt, sich auf jeden Moment und jede Unruhe einlässt, scheint es sich fast von selbst zu erschaffen. Spazierfang ist eine Wortneuschöpfung, die aus dem bewussten Zerlegen zweier Worte hervorgeht und auf diese Weise ebenso bewusst einen neuen Raum und neue Beziehungen evoziert. In diesem Raum experimentieren Lucie und cylixe mit filmischen Stilmitteln, mit Erwartungen und Enttäuschungen, Licht und Schatten, Innen und Außen, Stille und Lärm, Gegenwart und Vergangenheit, Sakralem und Profanem, Illusion und Realität, Albträumen und Erkenntnis. Manchmal bleiben sie dokumentarisch, fast schon nüchtern aber niemals unkritisch.

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André Elbeshausen / Antimo Sorgente

Ausstellungseröffnung 13.06.2013

Ein fast leerer Ausstellungsraum, die ausstellenden Künstler fehlen. Eine Leiter, die an einer Wand lehnt. Ein zusammengeklappter Biergarnitur, auf dem Boden liegend.
Von unten kann man oben auf einer verschiebbaren Ausstellungswand Bierkästen, Gläser, Schalen, große Schüsseln und dekorierte Platten stehen sehen.
Die Besucher sind unschlüssig, was von ihnen erwartet wird. Nach einer Weile fängt der erste an, die Leiter an die Trennwand zu stellen und nachzusehen.
Die anderen beginnen, Tisch und Bänke auszuklappen. Von oben her wird das Essen und Trinken einzeln nach unten gereicht. Man sitzt, isst, spricht und freut sich über das unverhoffte, liebevoll zubereitete Mahl. Es werden Mutmaßungen zur Arbeit geäussert.
Die Künstler bleiben abwesend.

Flyer (Vorderseite)

Flyer (Rückseite)

 

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Jiwon Kim / Enric Fort-Ballester

Ausstellungseröffnung 30.05.2013
13.06.2013, Weidenhof: Konzert von „Bonnie Rosenberg“

Bonnie Rosenberg sind Maria Schwerdtner und Theo Huber, Studenten der HfBK Dresden. Bonnie Rosenberg erzählen von alltäglichen Unzulänglichkeiten und Erfolgen. Sie Klagen, hoffen und amüsieren. Bonnie Rosenberg verstehen sich als experimentelles Performanceprojekt das an der Schnittstelle von Musik, Literatur und Video handelt. Sie nutzen hierzu das Lied, den Kurzfilm, das Gedicht, die Prosa und das Hörspiel.

www.bonnierosenberg.de

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Wo ist die Kunst?
Text von Klara Lokaj

„Das Bekannte überhaupt ist darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt.“
(G.W.F. Hegel, Vorrede zur „Phänomenologie des Geistes“)

Gewöhnlich sind Kunstwerke in einem Ausstellungsraum vorzufinden, doch in Niete ist es gar nicht so einfach die Kunstwerke zu finden.
Wo ist die Kunst? Es ist ein Projekt, in dem die Kunst im Raum fehlt. Die Künstler Enric Fort Ballester (*1987 in Valencia, Spanien) und Jiwon Kim (* 1982 in Seoul, Südkorea) arbeiten für diese Ausstellung zum ersten Mal zusammen, nachdem sie gemeinsam 2009 angefangen haben an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig zu studieren und haben ein interaktives Kunstwerk geschaffen, in dem der Besucher selbst agieren muss.

Bevor die Ausstellung selbst erlebt wird, hat man schon in der Einladung ein erstes Kunstwerk in der Hand. Von den Künstlern eigens gemacht, hat der Besucher die Möglichkeit Schiffe versenken zu spielen, welches nur in dialogischer Form stattfinden kann. Ein interaktives Spiel, welches einen weiteren Teilnehmer erfordert, und auch von den Künstlern intendiert ist, es wirklich zu benutzen. Aber ebenso ein Kunstwerk, welches außerhalb der Ausstellungsräume erlebbar sein soll. Durch das Suchen nach Schiffen kann man auch Nieten erfahren – oder selbst zur Niete werden, wenn man verloren hat. So findet sich hier bereits ein Aspekt des Titels der Ausstellung. Niete hat sich im deutschen Sprachgebrauch aus dem holländischen etabliert, von niet – nichts, meist als erfolgloses Los verstanden.
Hier hat man im Ausstellungsraum das wortwörtliche nichts. Nur ein Trampolin, welches aber keinesfalls als Kunstwerk herhalten soll, denn es muss benutzt werden. An der Decke ist eine weiße Box installiert, deren Inhalt man nur durch das Benutzen des Trampolins überhaupt erkennen kann.

Ebenso wie der Akt des Springens. Dadurch werden Besucher zu Teilnehmern, sie werden selbst durch das Springen zur Kunst. Das Teilnehmen, und Sich-Einlassen ist der Entscheidung der Besucher überlassen. Es zeugt auch von einem gewissen Grad an Vertrauen an die Künstler – ist es überhaupt Wert, sich einzulassen?
Das Springen wird zu einem neuen Erlebnis, auch der Raum, der bewusst so inszeniert wird, führt zu einem neuen Raumerlebnis. Diese bewusste Nutzung des Raumes findet sich auch in dessen Erweiterung, dem Balkon. Der Balkon ist schon architektonisch ein Zwischenraum, zwischen innen und außen, zwischen Gebäude und Natur. So gehört er nicht ganz zum Raum, aber doch dazu. Genau dies nutzen die Künstler und zeigen dort den weiteren Teil der Ausstellung. Auf dem Balkon ist ein Teleskop inszeniert, welches ebenso wieder den Besucher die Entscheidung überlässt Durchzuschauen oder nicht. Wenn man sich entschließt, wird man den Baum auf der gegenüberliegenden Straßenseite sehen. Dort ist also das Kunstwerk, außerhalb des Ausstellungsraums, welches die Künstler gemacht haben. Aber genau dies steht nicht wirklich im Mittelpunkt. Es geht vielmehr um das Medium der Wahrnehmung, also das Teleskop. Denn das impliziert schon eine Distanz, und so sieht man die Dinge nur aus der Ferne, für einen selbst sind sie unerreichbar. Die Dinge, die man betrachtet sind sehr beladen mit Bedeutung, und vor allem mit persönlicher. Es sind bekannte Dinge. So entsteht ein Spiel aus Nähe und Distanz. So ist aber die Gemeinsamkeit das Spiel. Und eben dies ist ein grundlegender Aspekt der Installation, die Nähe zu Kinderspielen. Was auch dazu führt, dass unterschwellige Themen der Institutionskritik sehr spielerisch wirken. Das Spiel wird hier zum Medium, als Erfahrung, als Reflexion.
„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ – Friedrich Schiller, Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795), 15. Brief. Egal ob in der Ausstellung oder weitergetragen durch die Einladung wird die Aktivität hier zur Kunst gemacht, ebenso wie das Geschehen in den Bäumen außerhalb der Ausstellungsräume stattfindet. Es ist also nicht alles von dem Ausstellungsraum abhängig.
In der Installation geht es nicht so sehr um die Grenzen, die durch die Autoren in den Ausstellungsraum gelegt werden, es geht vielmehr um Entscheidungen, die von jedem getroffen werden müssen. Ein Spiel setzt in dem Sinn auch die Teilnahme voraus, als aktives Subjekt, „das durch die physische und symbolische Partizipation in seinem Sein bestärkt wird und das in Folge befähigt ist, seine eigene soziale und politische Rolle zu gestalten, das Interesse.“ Paul Divjak (2012): Integrative Inszenierungen. Bielefeld: transcript. S.23. Hier kann man sich nicht auf das Bekannte verlassen, es liegt in der Entscheidung es zu erkennen.

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Benjamin Seidel / Serena Ferrario

Ausstellungseröffnung 17.05.2013

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Flyer

Text von Anna Bauer

Wir haben hier eine kleine Schaden
Umher schwirrende amorphe Kugeln und Planeten, skurrile Köpfe – eine  surreale Animation fliegt über eine Armee nackter Frauen hinweg. Das Ganze  wird überwacht vom skeptischen Blick der Künstlerin. Die darunter befindlichen Abzüge der Frauen sind das Produkt der  Vervielfältigung einer einzigen Fotografie. Es handelt sich um die  hyperästhetische Aufnahme eines Modells in provokativer Pose. Ihre seltsame,  exakte Haltung und die perfekte Ausleuchtung lassen die Frage nach dem Kontext der Entstehung aufkommen: Welche Rolle spielt sie hier, die des erhabenen skulpturalen Objekts oder doch eher der angriffslustigen Amazone? Ganz im Gegensatz dazu stehen die sensiblen Aktfotografien im hinteren Teil
des Ausstellungsraumes. Bei genauer Betrachtung lassen sich auf den Körpern der Dargestellten feine Abdrücke von Unterwäsche erkennen. Kleine Schäden der Haut. Sie stören die Perfektion des Bildes und geben dabei doch einen Eindruck größerer Intimität.
Zeigen, dass das Ausziehen gerade erst stattgefunden hat und erinnern noch an  die Kleidung, die diesen Abdruck – diesen Schaden an der so empfindlichen  Oberfläche eines Menschen – hinterlassen hat. Die Arbeiten des Fotografen Benjamin Seidel (geboren 1984 in Lüneburg, lebt  in Braunschweig) sind Ausdruck einer Suche. Egal ob im vertrauten Umfeld des  privaten Wohnraumes oder in der professionellen Arbeitsatmosphäre eines  Fotostudios ist es die Suche nach Intimität. Nach einem privaten Moment, der  mehr zeigen kann als den Körper eines Modells.