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Kleckern statt Klotzen

Amelie Buerhop, 2022

Die Übergänge zwischen dem Intakten und Defekten verschwimmen im intensiven und vertrauten Duft eines Kaffeeflecks. Amelie Buerhop heißt die Dysfunktionalität willkommen und dokumentierte von 2018 bis 2022 Missgeschicke auf Sofortbildfotografien. Meist geschehen die alltäglichen Unfälle in häuslicher Umgebung. Sie bringen niemanden ernsthaft in Gefahr, trotzdem kann sich ein zerbrochener Teller für einen Moment so anfühlen wie eine unüberwindbare Katastrophe. Statt sofort beseitigt zu werden, sammelt sich Verschüttetes, Zerbrochenes und Angebranntes in einem Fotoalbum zu einer angenehm selbstironischen Erinnerung. Doch nicht jedes Unglück lässt sich mit einer Sofortbildkamera festhalten. Die abstrakteren Pannen befinden sich in ungerechten Spielregeln und brüchigen Systemen. Sie zeigen sich in einem manipulierten Schachspiel, bei dem von vornherein klar ist, wer gewinnt und wer verliert, und das von beiden Parteien trotzdem bis zum Ende gespielt wird. An ausgebesserten Löchern und Rissen kommt die Zerbrechlichkeit der Dinge, die uns umgeben zum Vorschein. Selbst wenn eine Reparatur grundsätzlich Veränderungen mit sich bringt, ist sie meist darauf ausgerichtet, den Normalzustand wiederherzustellen und jeden Hinweis auf Verwundbarkeit zu verbergen. Das Verletzliche demonstrativ zu zeigen, stellt sowohl den Normalzustand als auch die Angst vor dem Zerbrechlichen in Frage.
Eine ungeschickte Protagonistin scheint sich durch die Arbeiten der Ausstellung zu bewegen. Mal versucht sie, ihre Missgeschicke ungeschehen zu machen. An anderer Stelle zieht sie mit Siebdruck auf Stoff jeden Fehler auf eine überdimensionale Größe. In einem Prozess zwischen Erneuerung und Zerstörung, Fragilität und Beständigkeit, lässt sie sich auf ein widersprüchliches Spiel ein und verliert. Sie fügt den Scherbenhaufen neu zusammen.

Text von Maria Conrad