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Martina Gromadzki / Nicola Falco

das Fragment

Ausstellungseröffnung 25.04.2013

Filmstudio: Performative Lesung von Fromme Schimpansin & Arbeiter 11811

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Flyer

Text written by Araceli Mangione
The Fragment is a loose term chosen by the artists to describe a bridging together of realities. It can be understood as an entity and or an increment, as a piece or as a whole.
It can even exist simultaneously and independently.
The space and the works presented have been assembled and created by Martina Gromadzki (b. 1990 in Kassel, Germany) and Nicola Falco (b. 1987 in Milan, Italy) and express concepts found within different external and internal parameters, on the one hand asserting the concept “everything goes,” and on the other hand, facing constrictions from already established or pre-supposed discourses. Gromadzki and Falco bring film, drawing, painting and ins tallation together, in effect, constituting a situation between the familiar (i.e. film, patterns, materials, pictures, and techniques) and the arbitrary, (i.e. found in one’s own impulsiveness, imagination and past memories).
Looking at Gromadzki’s work, the fragility, innocence and search for understanding is made quite apparent, found in her shriveled body gesture and recorded speaking in her film, Thoughts Immersed (2013). Her works rely heavily on the internal, poetic and playful. For instance, in Gromadzki’s untitled installation, the disturbances of these inner feelings and one’s desire to place them in order are expressed in the ruffled and “just-right” placements of the hanging fabric and materials. Gromadzki’s film, for example, is composed as a collage of other finished work, putting forth the question the significance of art as an assemblage of mixed mediums.
During the art process, the artist relies on improvisation and fully conscious decisions, which contribute fully to the end result made within its space of creation, within a specific, right-moment. She privatizes her work with impulsive reflections and exact decision-making. These contribute absolutely to the process of her work, but are they still relevant to the end product. The question remains of whether the end result, seen as a final moment captivating other moments, ultimately discredits those single moments or enhances them? Or perhaps they simply remain what they are, fragments.
Falco’s work can be read similarly, from the outer spectrum in and vice-versa, also posing questions of inclusion and exclusion. He replaces “truth” with a personal touch, aided by those memories of maps or grids already imprinted in his mind. The “truth” in this case, reflects that which is trusted and believed to be the truth, such as a map is used to orientate oneself within a city, country, etc. without stopping to think about questioning its actuality. Falco takes the faith entrusted in “official” information, such as a map, and confronts its authority with invalid, unofficial, self-rendered (mystical) qualities. The imaginative, self-defining city-blocks, hills, pathways, etc. of Abstract Landscape (2013) and Falco’s untitled film installation have been exercised and designed from collected experiences of map-making or simply taken from forms which resemble maps. Falco’s work emerges from an interest in systematic mapping—filled with patterns, shapes, forms, lines and curve —which tend to remain strongly embossed in his mind. As a landscape artist and film-maker, Falco reinvents the concept of map-making by extracting already set examples, either within his mind or found within the surface of an object (i.e. a rigged wall), and lets his imagination run wild. Although the featured works have been sculpted after a specific identity and rationality, the finished products remain flexible and can be shared and understood by others. Meaning, Gromadzki’s and Falco’s displays are not to be limited to the artists’ private sphere. The human, as observer, is expected and urged to find his or her own complexities, fantasies, creations and references in these works. Simply start at one point and slowly visualize the next, allowing the works to take on their
own shape and story.
Performance Fromme Schimpansin und Arbeiter 11811
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Lucie Mercadal / Lotta Bartoschewski

irgendwie hab ich mein Handschuh verloren
Ausstellungseröffnung 04.04.2013

Werkgespräch mit AAA (Daniel Schnier und Oliver Hasemann)

Das Autonome Architektur Atelier (AAA) arbeitet seit 2006 an der Wahrnehmung und Inszenierung Öffentlicher Räume. Der Fokus liegt dabei auf der Identifizierung von urbanen Orten, die außerhalb der alltäglichen Wahrnehmung liegen. Mit kleinen und großen Eingriffen verschiebt das AAA die Perspektive auf diese Orte und verändert ihre Wahrnehmung.

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Text von Lena Nölkenbockhoff

irgendwie habe ich mein Handschuh verloren
Narration, eine Verwirrung, eine Störung, ein Verlust?
Eine Feststellung.
Folgt der Feststellung eine Handlung? Nur Irritation oder eine Suche?
Die Handlung als Konsequenz erfordert in jedem Fall Zeit.
Die Video- und Performancekünstlerin Lucie Mercadal und die Bildhauerin Lotta Bartoschewski bespielen mit der Ausstellung „irgendwie habe ich mein Handschuh verloren“ gemeinsam den abgedunkelten Schnittraum. Mit ihren Arbeiten fordern sie förmlich auf, Irritationen zuzulassen und sich auf eine undefinierte Suche zu begeben. Die Ausstellung vermittelt sowohl die formalästhetischen und inhaltlichen Unterschiede der beiden künstlerischen Positionen, als auch ihre inhaltlichen Überschneidungen und den künstlerischen Dialog.
Die Künstlerin Lucie Mercadal (geb. 1987 in Besançon, lebt in Braunschweig) schafft in ihren Arbeiten häufig Inszenierungen merkwürdig anmutender Aktionen, so auch in den beiden im Schnittraum ausgestellten Filmen. Die dargestellten Situationen schwanken, wie sie selbst sagt, meist zwischen „Humor und Melancholie, Spaß und Gefahr, Leichtig- und Ernsthaftigkeit“. Der fünfzehn minütige Film durchsichtig, feucht und warm, 2013 ist mit einem Text unterlegt, in dem der Erzähler die enge Beziehung zwischen ihm und seinem Haus beschreibt. Das Haus als archetypisches Symbol.
An unterschiedlichen Stellen des verschneiten Bremer Hafengebietes wird dann ein Haus aus Latten und milchiger Kunststofffolie gezeigt. Durch mehrere Perspektivenwechsel wird das Haus immer wieder in eine neue Beziehung zu der nur wenig belebten industriellen Umgebung gesetzt. Durch einzelne Aktionen von insgesamt acht Performern mit oder an dem Haus entstehen teils absurd wirkende Situationen, die die temporäre Nutzung des öffentlichen Raums als zentrale Thematik herausstellen. Der leicht ironische Unterton und die subtile Ausdrucksform sind dabei charakteristisch für Mercadals künstlerisches Schaffen.
Lotta Bartoschewski (geb. 1988 in Preetz, lebt in Braunschweig) zeigt im Schnittraum vier Arbeiten. Gemeinsam bilden sie eine raumgreifende Installation, die in Interaktion mit Mercadals Videoarbeiten tritt. Stimmungsgebend wirkt besonders
die Gestaltung der größten Wandfläche, die auch den Ausstellungsort in die Installation mit einbezieht. Durch die Abhängung mit pastellrosa Luftpolsterfolie bildet sich ein farblicher Akzent in dem sonst abgedunkelten weiß-grauen Raum.
Bartoschewski verwendet hauptsächlich gewöhnliche und/oder gefundene Materialien. Seit circa zweieinhalb Jahren arbeitet sie mit Gips. Sie erstellt „Reliefs“ durch Abdrücke von unterschiedlichsten Gegenständen, so auch bei der Bodenskulptur Teppich , 2013. Die glatte Oberfläche der Arbeit wird durchbrochen durch scheinbar verschobene Abdrücke von Bodenplatten mit Noppenstruktur. Mit der Platzierung eines Gipsabdrucks einer Bodenplatte mitten im
Ausstellungsraum wird die eigentliche Funktionalität der Platte ad absurdum geführt und das Interesse auf ihre Oberflächenstruktur gelenkt. Bartoschewskis Arbeiten erzeugen, insbesondere durch ihre Form eine Spannung aus sich selbst heraus. So steht der ovale Umriss der Skulptur mit seinen auslaufenden Außenkanten den ordnungsgebenen, linearen Trennlinien zwischen den fünf Teilelementen der Arbeit gegenüber und die Präzision und Perfektion des Gipsabdrucks im Kontrast zu den handwerklichen Rückständen und auslaufenden Tintenflecken auf der Arbeit. Mit den
zurückgelassenen Arbeitsspuren entstehen außerdem Reibungspunkte und Irritationen. Die Künstlerin knüpft damit an
Paul Thek an, der „Fehler“ im Werk als positiv wertete, da sie Gedankenprozesse auslösen und den Betrachter seinerseits zu Kreativität anregen können.
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Mercadal und Bartoschewski bedienen sich faktischer Bezüge zur Realität und setzen diese in neue Bedeutungskontexte.
Was bei Mercadal Auseinandersetzung mit (bekannten) öffentlichen Räumen und die Nutzung gewöhnlicher Gegenstände ist (Beispiel Tisch und Lampe in der Tisch , 2013), äußert sich bei Bartoschewski durch die Arbeit mit gefundenen Materialien, Abdrücken und Spiegelungen. Diese Bezüge sind keine Abbildungen von Wirklichkeit, sondern Anknüpfungspunkte, die ihrerseits einen Wiedererkennungswert beim Betrachter hervorrufen können. Wie auch beim Ausstellungstitel „irgendwie habe ich mein Handschuh verloren“ entsteht dann individuelle Variation und Narration.
Davon ausgehend bildet das Zusammenspiel der Arbeiten ohne Titel
, 2013 (2), ohne Titel , 2013 (3) und durchsichtig, feucht und warm
, 2013 den Höhepunkt der Ausstellung. Die Interaktion der Arbeiten erzeugt eine rosastichige Projektion an der gegenüberliegenden Wandfläche. Das neu entstandene Bild lässt nur noch schemenhaft die Szenen aus der Filmprojektion erahnen und schafft teilweise völlig verfremdete Formen. Wenn auch nicht in der gleichen Direktheit wie in den anderen Arbeiten so kann diese Projektion ebenso „als eine Art Abdruck verstanden werden“ so Bartoschewski. Der entstandene Dialog der Arbeiten regt den Betrachter dazu an, den Entstehungsprozess der Projektion nachzuvollziehen und sich somit selbst auf die Suche zu begeben.
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Paul T hek – T he w onderful w orld that alm ost w as: Snap! C rackle! Pop! W as! Touch m e not!, hg. v. C enter for C ontem porary A rt,
Rotterdam u.a., Rotterdam 1995.