fall
Ausstellungseröffnung 17.01.2013
Text von Jürgen May
Kaum beginnt das Jahr, endet der erste Monat schon wieder. Auch wenn der Titel nicht zu der
Jahreszeit passt, so scheint er zumindestes mit dem Wetter im Einklang zu sein, so wie die beiden Künstlerinnen in der gemeinsamen Ausstellung harmonisieren.
Der Raum ist jetzt schon komplett abgedunkelt und entspricht der Stimmung dieser Jahreszeit,
dabei bezieht sich der Titel „fall“, auf eine ganz andere. Allein die Kunstobjekte sind angeleuchtet und sind unsere Blickpunkte im Raum.
Der Titel stammt von der vielseitigen Künstlerin Britta Meyer, welche zuerst vorgestellt wird.
Die Künstlerin zeigt sich sowohl in Installation als auch in einer Performance.
Zur Eröffnung der Ausstellung werden wir sie persönlich, sitzend auf einem Hocker, vorfinden, wo sie Blätter von Efeuzweigen rupfen wird. Die Blätter werden dann, wie im Herbst, selbst auf den Boden fallen und ein Teil der Ausstellung. Was einen Wiederspruch erzeugt, da Efeu ein Gewächs ist, welches selbst im Herbst seine Blätter nicht verliert. Dennoch führt die Künstlerin mit Gewalt einen Wandel hervor. Selbst der Hocker wird in der Ausstellung neu drapiert, indem dort eine gerupfte Gans niedergelegt wird. Sowie auch die Gänsefedern im Waschbecken dazu gehören.
Stellen wir eine Verbindung zwischen der Performance, welche durch eine Videoinstallation aus
verschiedenen Blickwinkeln wiederholt wird, und den Federn, die von einer Wärmeleuchte bestrahlt werden, als wäre noch Leben in ihnen, her, so werden Ähnlichkeiten zwischen beiden Arbeiten klar. Die Frage, wo die Kunst anfängt und die Natur aufhört, oder anders herum bleibt dem Betrachter offen.
Nach eigener Aussage wurde Britta Meyer inspiriert von dem Bild “ Die Gänserupferinnen“ von Max Liebermann (1871/72), der einer Verklärung des ländlichen Lebens entgegen wirken wollte.
Schließlich scheint es, dass der Mensch wirklich schon den Bezug zu der Natur verloren hat, sonst könnte diese Performance einen nicht so in den Bann ziehen. Das Thema wird von der Künstlerin durch ihre gewählten Medien somit wieder in den Mittelpunkt gerückt. Dort wo Britta Meyer performativ der Natur näher kommt, da greift Paloma Riewe, indem sie ihr
Material direkt aus der Natur gewinnt.
Sie arbeitet mit Holz und ähnlichen Materialien und formt damit ihre Skulpturen.
Wie selbstverständlich folgt sie einem natürlichen System, das sich wiederholend durch ihre Werke zieht. So reihen sich die Holzplatten in der ersten Skulptur Stück um Stück aneinander, bis sich eine wellenförmige Konstruktion ergibt. Als Beschichtung befindet sich Stroh in Laufrichtung der Holzlatten. Jedoch ist dies eine unvollständige Strohbeschichtung und erinnert an einen natürlichen Prozess, der versucht sich zu vervollständigen und dennoch stets im Kreislauf gefangen ist.
Einen starken Ausdruck der Wiederholung findet sich auch in der zweiten Arbeit. Die Künstlerin
lässt dem Betrachter Freiräume in seinen Vorstellungen, da sie diesem Werk keinen Titel gibt.
Man sieht in Wachs getauchte Papierquadrate, die auf dünnen Holzleisten aufgespießt sind.
Die einzelnen Skulpturen stehen zwar exakt nebeneinander, jedoch findet sich hier eine spielerische Veränderung von Objekt zu Objekt. Weder das Holz, noch die Anzahl der Papiere und ihre Abstände zueinander sind je gleich.
Zwar kann jede Skulptur für sich stehen, dennoch ähneln sie sich. Ähnlich wie wir es in der Natur vorfinden; kein Eichenblatt gleicht im Herbst in seiner Färbung genau dem anderen. Und dennoch tangieren sich ihre Erscheinungen.
Die Wiederholung ist der Künstlerin Riewe sehr wichtig, da sie dieser während der handwerklichen Arbeit eine meditative Wirkung zuschreibt. Und bei dieser Beleuchtung strahlen ihre Werke durchaus eine innere Ruhe aus, die auch den Betrachter zur Ruhe kommen lässt.
Zwei Künstlerinnen, die in einem Raum harmonisieren, und sich dennoch an einigen Ecken
schneiden. Somit möchte ich sie herzlich zu der Ausstellung „fall“ im Schnittraum einladen.