Ausstellungseröffnung 17.05.2013
Text von Anna Bauer
Wir haben hier eine kleine Schaden
Umher schwirrende amorphe Kugeln und Planeten, skurrile Köpfe – eine surreale Animation fliegt über eine Armee nackter Frauen hinweg. Das Ganze wird überwacht vom skeptischen Blick der Künstlerin. Die darunter befindlichen Abzüge der Frauen sind das Produkt der Vervielfältigung einer einzigen Fotografie. Es handelt sich um die hyperästhetische Aufnahme eines Modells in provokativer Pose. Ihre seltsame, exakte Haltung und die perfekte Ausleuchtung lassen die Frage nach dem Kontext der Entstehung aufkommen: Welche Rolle spielt sie hier, die des erhabenen skulpturalen Objekts oder doch eher der angriffslustigen Amazone? Ganz im Gegensatz dazu stehen die sensiblen Aktfotografien im hinteren Teil
des Ausstellungsraumes. Bei genauer Betrachtung lassen sich auf den Körpern der Dargestellten feine Abdrücke von Unterwäsche erkennen. Kleine Schäden der Haut. Sie stören die Perfektion des Bildes und geben dabei doch einen Eindruck größerer Intimität.
Zeigen, dass das Ausziehen gerade erst stattgefunden hat und erinnern noch an die Kleidung, die diesen Abdruck – diesen Schaden an der so empfindlichen Oberfläche eines Menschen – hinterlassen hat. Die Arbeiten des Fotografen Benjamin Seidel (geboren 1984 in Lüneburg, lebt in Braunschweig) sind Ausdruck einer Suche. Egal ob im vertrauten Umfeld des privaten Wohnraumes oder in der professionellen Arbeitsatmosphäre eines Fotostudios ist es die Suche nach Intimität. Nach einem privaten Moment, der mehr zeigen kann als den Körper eines Modells.