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Reise nach Jerusalem

Gadiel Travi | Jan Neukirchen

24.01.2018 – 01.02.2018
Geöffnet:
Mittwochs und Donnerstags
15:00 bis 18:00 Uhr
und nach Vereinbarung

 

 

Reise nach Jerusalem

6. Jahrhundert, Byzanz, als ursprünglich militärische Strategie feindliche Spione zu enttarnen, fand das Spiel Reise nach Jerusalem Einzug in unsere Alltagswelt, um hier auf spielerische Weise den Kampf um den Platz in der Welt und das zurück bleiben des Schwächeren zu illustrieren. Im Spiel wie im Leben und in der Kunst gilt es Entscheidungen zu treffen, um seinen Platz, seine Berechtigung zu behaupten.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit der wechselseitigen Abhängigkeit, dem Verhältnis zwischen Positiv und Negativ, damit, seine Position einzunehmen, denn… da wo der Eine ist kann der Andere nicht sein.

Jan Neukirchen, ohne Titel, 2018

Eine futuristisch anmutende Topologie wird inszeniert, in der sich Lichtpunkte gleich einer Schwarmintelligenz um die Hindernisse herum bewegen. Sie agieren hier als Gruppe, als soziales Milieu, wo jeder mit dem Anderen verbunden ist, doch durch den errechneten Abstand, durch verschiedene Ausgangsvoraussetzungen, gleichsam isoliert wird, sie treiben zusammen, Leben aneinander vorbei, doch werden sich nie treffen – einige Irrläufer haben bereits das Spielfeld verlassen und schweifen verlorener Seelen gleich durch die Straßen des Metropolis.

Gadiel Oswaldo Aguirre Travi, ohne Titel, 2018

Jeder Akteur hat seine Ausgangsposition verlassen, das Spielfeld erstreckt sich über den Köpfen der Rezipienten, der Kampf ist ausgefochten, der Verlauf durch Verbindung und Kreuzung gezeichnet, das Spiel, die Arbeit, deren Überspitzung, sich im Material wiederfindet, die Kabellage die hier nicht bloß Störfaktor ist sondern zur Illusio der Handlung wird. Der Ausgangspunkt, die Grundvoraussetzung als poetischer Kommentar der Banalität des Kunstschaffens, des Alltags. Die Streben, die sich wie Oberleitungen in den Städten Südamerikas als Verbindungslinien in der Landschaft sowie durch den Ausstellungsraum ziehen, im Leben wie im Spiel.

Text: Eileen Müller

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hmins

Yamaguchi Reiko | Yu Simiao
Mit einem Text von Julia Zalewski


PART l

19.12.2017 | 20.12.2017 | 21.12.2017

Dort, wo der Punkt zur Linie wird, legt er eine Spur. Sie verrät wenig darüber, was ihn bewegt und wo er hinwill. Wohl aber bezeugt sie, dass er mit Sicherheit da gewesen sein muss.
Als eine Grundtechnik der Zeichnung bildet die Linie den Ausgangspunkt des gesamten Zeichenreichtums unserer Kunst- und Kulturgeschichte. Die Arbeit hmins möchte ihre basale, prozessartige Entstehung vom Punkt zur Linie zur Zeichnung im Schnittraum installativ ergründen. Im Zentrum des Raumes ist dafür eine hohe, sockelartige Vorrichtung platziert, die drei Lichtstrahlen über unsere Köpfe hinweg durch den Raum wandern lässt. Sie bewegen sich horizontal in die gleiche Richtung, jedoch in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Höhen. Ihre Lichtpunkte werden an die Wände des Schnittraums geworfen, welche mit einem grünen, lichtempfindlich beschichteten Stoff eingekleidet sind. Diesen belichten sie in der Bewegung, sodass Linien entstehen – bedächtige Spuren, die jeden Moment der Ausstellung an der Wand dokumentieren. Die Linien lassen somit eine neue Lesbarkeit des Raumes zu: Seine Dimensionen und die variierenden Distanzen zum Angelpunkt werden mit dem Licht sekündlich vermessen und in unregelmäßige Wandlinien übersetzt; wie ein Bleistift, der auf einem unebenen Malunteruntergrund starke und weiche Druckpunkte erzeugt.
Bei genauerer Betrachtung lässt sich feststellen, dass die Lichtstrahlen jedoch nicht etwa willkürlich durch den Raum wandern – sie sind an den Zeigern dreier Uhrwerke fixiert. Sekunden, Minuten, Stunden. Wie ein Leuchtturm, der uns den Weg aus dem ewigen Chaos der Welt zu weisen versucht, dirigieren sie den Rhythmus des Uhrwerks durch den Raum und übersetzen ihn linienförmig an die Wand. Der Punkt wird zur Linie, der Moment zur Zeit. Die Zeit hinlässt ihre Handschrift an den Wänden, die Zeiger ihrer Uhr spielen die Finger, die das Licht wie einen Pinsel über das Papier führen. Einen linearen Zeitstrahl erzeugt sie jedoch nicht, vielmehr einen in den Grenzen des Schnittraums gefangenen Zyklus. Denn nach einer Minute, einer Stunde und zwölf Stunden werden sie ihre Ausgangspunkte überschreiben und sich – die Zyklen wiederholend – in den ewigen Loop der Zeit begeben.
In ihrer ersten gemeinschaftlichen Arbeit hmins lassen Reiko Yamaguchi (*1982 in Okayama, Japan) und Simiao Yu (*1986 in Tianjin, VR China) Zeit, Licht und Raum in einen sonderbaren Dialog miteinander treten: Zeit wird hier im Medium des Lichts verräumlicht, der Raum im Medium der Linie verzeitlicht. Diesem Prozess liegt ein Zeitverständnis zugrunde, das sich in der unaufhaltsamen Mechanik des dreigliedrigen Uhrwerks manifestiert – ein modernes Maß, unter dessen Diktat wir unsere alltäglichen Abläufe takten und unser Denken organisieren.

PART ll

16.01.2018 | FINISSAGE

Zeit definiert Veränderung und Veränderung definiert Zeit. So wird sich auch der Schnittraum zur Finissage am 16.01.2018 in einem völlig neuen Zustand wiederfinden. Die grüne, lichtempfindliche Beschichtung wird aus dem Stoff der Wände ausgewaschen und die zurückbleibende, blaue Zeichenspur damit entwickelt. Ab diesem Moment ist sie erstarrt und unveränderbar. Im zweiten Teil der Ausstellung wird sie aus ihrem zeitbasierten, lichtmalerischen Entstehungskontext separiert und als autonomes Werk betrachtet. Der eigenständige künstlerische Ausdruck der Linie wird nun in den Fokus genommen, während Zeichenmittel und Zeichengerät in den Hintergrund rücken.